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Wenn Ponys in die Büsche verschwinden

Ponys und Menschen müssen von Zeit zu Zeit auch mal aus der Komfortzone traben. Was eignet sich hierfür besser als eine Vielseitigkeitsanlage? Und so geschah es, dass wir uns über das lange Himmelfahrtswochenende der Interessengemeinschaft Fjord anschlossen und uns auf die Insel begaben. Auch ohne Stehmähne nahm man uns sehr kameradschaftlich auf! Das Ziel war Sauzin, ein beschauliches Örtchen im Hinterland der Insel Usedom. Wenn man ein Großpferd bestiegen hätte (taten wir aber nicht), hätte man sicher immer das Achterwasser gesehen, denn dieses war ganz in der Nähe. Stattdessen bewunderten wir die verträumt grasenden Rehe und Hasen auf der Hengstkoppel, welche uns täglich guten Morgen und gute Nacht sagten, wenn wir auf die Anlage einbogen, nachdem wir die Wägen zwei Kilometer über Sandwege durch Felder geschaukelt hatten. Aber von vorne.

Der „Club der Vielseitigkeitsreiter der Insel Usedom e.V.“ bietet beste Trainingsbedingungen für Mensch und Pferd. Eine tolle Anlage mit vielfältigen festen Sprüngen für Einsteiger und Könner! Wir waren zum ersten Mal vor Ort – gut, dass die Familie meines Patenfjordpferdes Lembit dort bereits zum wiederholten Male einen Lehrgang besuchte. Da kannten sich schon alle aus und wir konnten der Abteilung einfach folgen.

Wenn die Anhängerkupplung die Reise bedeutet

Früh war das schon am Männertag (Aufladen 6 Uhr, Aufstehen 4:30 Uhr… ). Die Fjordstute Heri sollte Donnas Weggenossin sein. Ponyfreunde liehen uns ein Automobil (zur Bullischonung!), welches uns sicher an das Ziel bringen sollte. Der gute mobile Freund, ein Kia, versorgte uns direkt vor dem Anhängen mit dem ersten Schweißausbruch: die mobile Anhängerkupplung wollte nicht einrasten. Dabei hatten wir das doch gefühlt zehn Mal unter Anleitung trainiert!

Learning Nr. 1: der nächste Transporter, welcher dann irgendwann mal als „jüngerer Bruder“ des Bullis einziehen wird, hat natürlich eine fest verbaute. Schweißausbrüche braucht man auch wirklich nur unter dem Mähnenansatz bei 40 Grad im Schatten… Nach einigem Geruckel gab es doch das erlösende „Klack“ und Heri durfte zusteigen. Donna war etwas verduzt, um 7 Uhr von der Heuraufe geholt zu werden – erst recht, wo sie diese mal für sich allein hatte. Das Pony kann sich angesichts des Birkauges einfach null verstellen. Alle Verwunderung sieht man ihr direkt an. Kauend ließ sie sich trotzdem zum Mitkommen überreden. Dann ging es los.  

Box mit Achterwasserblick & FEWO mit Superstroh (ach nein, verkehrt…)

Die Fahrt verlief komplikationslos und nach vier Stunden (mit Kaffeekauf dazwischen) konnten die Ponys bereits Inselboden betreten. Rückblickend weiß ich gar nicht, warum in den letzten Jahren nur das Fischland unser Urlaubsziel war. Usedom ist so schön! Und diese Weite! Nach einigen Debatten über die Paddock-Bauweise und dem Neubau von Ausgängen (Hengst/Wallach/Stute/Stute) bezogen wir eine Ferienwohnung im Nachbardorf. Mit Achterwasserblick! Und altem Baubestand davor! Donna war nicht minder begeistert über ihre Paddockbox. Fluffige Einstreu bis zur Röhre – das lobt sich ein Pony. Noch vor der Heumahlzeit machte sie sich mit geweitetem Birkauge über das Stroh her, was mich annehmen ließ, dass hier das große Los gezogen wurde.

Während die anderen Menschen so birkengeschmückte Fahrräder fuhren und dem Pils zusprachen, wanderten wir Ponyreiter nach kurzer Pause schon wieder zur Anlage. In kleinen Gruppen war bereits das erste Training angesetzt. Weitläufige Wiesen sind ja sehr nach Donnas Geschmack… wenn Du verstehst… Nun, um das Ganze abzukürzen: ich ritt dann erst einmal Trab-Galopp-Übergänge auf dem Zirkel, bis der kleine Feger etwas mehr bei mir war, nachdem wir drei große Galopprunden pro Hand über das Gelände gedreht hatten. Geschlossen war der Gashahn dann zwar noch immer nicht, aber etwas durchgelüftet. Nichts also mit Muskulatur-Ermüdung nach dem langen Transport. Ob wir doch mal den Hafer reduzieren…?

Wenn man die Linie vor lauter Weite nicht sieht

Im Anschluss ritten wie große Linien über Cavaletti, welche sich in gefühlten Kilometerabständen über das Gelände verteilen. Das ist mal etwas anderes als der heimische 20×40 Platz, welcher über die Jahre wie eine Wanderdüne ein paar Zentimeter einbüßt! Weites Ausholen – Hinschauen (äh, wo steht nochmal das nächste Element – im Nachbardorf???) – Galoppsprung (ruhig) erhalten  – wenn möglich gescheit den Galopp wechseln … uff, da hatten wir bei diesen Platzabmessungen  schon ordentlich zu Reiten. Nichts ist man gewöhnt, nichts! Irgendwie kann ich mich an den weiteren Tagesverlauf gar nicht mehr erinnern. Zu wenig Schlaf davor, zu viel Autofahrt dazwischen und zu viel Spannung danach. Irgendwie weiß ich noch, dass ich das Blumenkohl-Curry vom Knusperstübchen für die Meute gekocht habe, aber dann verließen sie mich. Tzzzz. Ins Traumland.

Ein langer Buschtag

Der Freitag stand ganz im Zeichen des Trainings. Jeweils am Vormittag und am Nachmittag waren Reitstunden angesetzt. So richtig merkte ich am Vormittag noch keinen Mobilitätsabfall beim Pony. Sie stiefelte mit straffem Schritt in Richtung Geländeparcours. Dabei hoffte ich, dass sie doch so sachte einmal zur Energieverwaltung übergehen sollte… Moment: das tat sie schon beim Wanderritt nie. Also bleibt es wohl Menschaufgabe. Seufz!

Am Vormittag wiederholten wir große Linien im Galopp mit steigenden Anforderungen. Das Pony sollte Cavaletti springen, welche mit simulierten Wassergräben aus Tischdecken unterlegt waren. Einmal mehr scheiterte ich an meinem Kurzzeitgedächtnis zur Linienführung: „Hinter dem Schweinerücken herum!!!“ … Dieser Moment, wenn der Teilzeitdressurreiter mal eben rosa Ferkel sucht und hastig den Kopf dreht, woraufhin das Pony ungeplante Wechsel hopst, die nun wirklich niemand benötigt. Zumindest nicht in diesem Moment… Abgesehen von dem Ponygashahn, den ich ja regelmäßig zu kontrollieren versuche, war ich mit der ersten Runde des Tages sehr zufrieden. Kommentar von außen auf dem Rückweg zum Offenstall: „Da strahlt aber jemand!“

Am Nachmittag ging es nach kurzer Wiederholung über Geländehindernisse. Die Baumstämme waren von unterschiedlicher Stärke, einer davon bereits von oben so mächtig, dass ich ihn mir nicht einmal im Nachhinein von unten angesehen habe – im Falle, dass ich ihn erneut springen soll und mir rückwirkend in das vielzitierte Hemd mache… Das konnte man dann ja abwenden. Also, das mit dem Hemd.

Donna hatte stets die Ohren spitz, ich kann mich über ihren Willen und ihre Bereitschaft wirklich nur von Herzen freuen und der Züchterin danken, dass sie als Ehepartner für ihre Stute King Bjuti wählte, dessen Vater Kaiserjaeger als xx sicher bereits sehr viel von der Sache hier verstanden hat. Diese endogenen Faktoren sind schon eine Hausnummer für sich! Nicht immer kamen wir besonders passend, aber das willige Tier ließ uns mit viel Luft nach unten über die Stämme fliegen. Gefragt, ob wir zum Ende hin noch eine Bürste springen wollen, lehnte ich dankend mit Verweis auf den Folgetag ab. Wir wollen mal nicht übermütig werden, wenn das Pony schon alles richtig gemacht hat! Zum Abschluss machten wir etwas Wassertreten in Schritt, Trab und Galopp, da uns das sicher am Folgetag noch blühen würde. Toll. Sowas braucht einfach jeder daheim, findest Du nicht auch?

Vom Wassertreten, Muschelgerüchen und alten Knöllchen

Am Samstagmorgen trat ich zusammen mit einer Fjordfreundin um 6 Uhr noch etwas den Stalldienst an – nach fünf Stunden Schlaf. Wir wollten schließlich noch an den Strand, um etwas Wassertreten nach Kneipp im Salzwasser auch den Ponys anzubieten. Auch hier war schnell Ordnung hergestellt, vier Ponys (drei mit Steh-, eine mit weit herausgewachsener Sportmähne) und sieben Menschen gondelten über traumhafte Inselstraßen zum Wasser.

In Trassenheide fand sich unser Abladeparkplatz. Gestatte mir den Exkurs, dass dieser Parkplatz vor etwa zehn Jahren der Schlafplatz auf dem ersten VW-Bus-Ausflug war. Gleich wiedererkannt! Damals haben wir noch an der Landstraße ein Parkticket kassiert, welches ich wutentbrannt bei der Verwaltung monierte (Möwenstraße! Die Anschrift vergesse ich nie!). Damals hat es das voll gebracht. Ich musste nicht zahlen. Irgendwie klappen die Eingaben heutzutage schlechter denn einst (ich bekomme dauernd Blitzerfotos und Knöllchen und fluche wie ein Pony, welches man von der gefüllten Heuraufe weggesperrt hat).

Die nächste Stunde war geprägt von spitzen Ponyohren, traumhaften Galoppaden durch seichtes Wasser, überraschtem Ponyblick, dass man eine Mini-Welle durchqueren muss, um ins Flachwasser zu kommen, weitere Galoppaden im Sande (für das Foto!) und einem angeekelten Blick von Donna, welche mit geblähten Nüstern die Muscheln im festen Sand beschnupperte. Das muss für ein Pony schon eine sehr faulige Angelegenheit sein und nach Verwesung riechen. Das kann man ihr schlecht verübeln. In der Steppe gibt es diesen „Duft“ nicht, das hätte man doch mal gelesen…

Da aber am Nachmittag noch das nächste Geländetraining anstand, wollten wir die Huftiere nicht zu sehr mit Hankenbeugung im Wasser überlasten – sie sollten sich ja schließlich später noch elastisch abdrücken können!

Sattelanprobe und Gesang

Über Mittag verteilten wir uns über das schöne Gelände der Ferienwohnung und holten etwas Schlaf nach, wiederum nach einem späten Frühstück. Hungrig macht es, so in See zu stechen! Wir hatten überraschend schönes Wetter und dösten in der stechenden Sonne. Im Dämmerschlaf versuchte ich mir die Linien des Tages einzuprägen und nickte darüber ein. So viel Salzwasser und Totholz zum Darüberspringen auf einen Haufen war dann wohl wirklich zu viel für einen Flachlandtiroler.

Später am  Stall angekommen gab es zuerst ein Ständchen für die Trainerin (Geburtstag!) und dann ging es zum Satteln. In diesem Fall probierten Donna und ich zuerst einen netten Springsattel aus, welchen ein Connemarafreund aus Mecklenburg uns zum Probereiten lieh. So wird ein kurzer Bügel gleich gemütlicher. Zwei zackige Waldrunden um Bäume und den örtlichen Friedhof, alle Gangarten später und ein schnaubendes Pony obendrein ließen uns zu dem Ergebnis kommen, dass eine Equipmenterweiterung ins Haus steht, sobald der Pferdeanhänger neue Reifen angezogen hat… sympathische Erinnerung vom TÜV, welchen wir aber stolz am Nummernschild tragen. Frisch! Aus Mai! Diesen Jahres! Haben wir da Applaus gehört? Lauten? Zu Recht! 75% davon werden direkt an die Werkstatt weitergeleitet! Der Rest ist Selbstbeweihräucherung. Aber das ist ja hier ein Ponyartikel – weshalb man ja nicht die ganze Zeit von seinem Fahrzeug schwärmen kann, Schluss jetzt.

Von borstigen Sprüngen und Wasserdurchritten

Jedenfalls war dann Unterricht. Ein weiteres Mal sprangen wir in einer Dreiergruppe die Geländesprünge des Vortages, wieder in verschiedenen Linien. So langsam kam etwas Routine in die Sache. Nachdem wir am Vortag ja noch ein wenig kalte Füße und (projiziert…) kalte Hufe beim Anblick der Bürste bekamen, sprangen wir diese!!! Zwar noch mit Marscherleichterung in Form von reduziertem Gebüsch, aber immerhin! Man soll ja für Wanderreitdressurponys nicht kleinlich werden, oder?

Eigentlich hätte man jetzt schon aufhören können. Aber der Wasserdurchritt lockte einfach zu sehr, wo wir uns in allen Gangarten an einer kleinen Stufe ausprobierten. Das war ein Gaudi! In Pommerscher Bündigkeit: „Macht Spaß, ne?“ Na, was soll man da antworten? Das Ganze ging auch umgekehrt, allerdings deutlich schwieriger. Nun, man muss ja steigerungsfähig bleiben. Schließlich wollen wir wiederkommen! Davon gibt’s mal kein Foto. Da ist mein Gesichtstennis noch weniger auszuhalten als auf den anderen.

Mein Highlight war allerdings – vermeintlich trivialer – eine riesig lange Cavaletti-Linie im Galopp mit uuunglaublich vielen Schlangenlinien und Steigungen und Gefälle. Ich habe das Pony noch nie so lang vor mir und so hohl am inneren Schenkel gefühlt. Das war der Hit!

Am Abend schwirrten wir zum Essen nach Wolgast aus, wo wir mit Blick auf das Wasser toten Fisch auf dem Teller und andere Annehmlichkeiten verspeisten und alsbald ins Federbett fielen. Schnell geht so ein Wochenende vorbei. Dabei hatten wir uns doch gerade eingegrooved! Ein bisschen wie früher, wo wir mit fünfzig Schlagzeugern Jugendherbergen über Himmelfahrt unsicher machten. Okay, das war schon noch einmal eine andere Form. Aber die gleiche Jahreszeit! ;-)

Gertenverluste und Steher zum Sonntag

Am Sonntag war das große Packen ausgebrochen. Himmel, haben Mensch und Tier immer viel Gepäck… dabei war eigentlich niemand von uns so richtig unverhältnismäßig. Aber viel ist es dennoch. So schipperten wir mit mehreren Schubkarren voller Ponyanziehsachen über die Anlage zu den Autos und krümelten bei der Fahrt über Bodendellen ein paar Streichkappen oder dezent gefärbte Gerten auf die halbhohe Inselwiese. Am Ende des Tages fand sich dennoch wieder alles an. Irgendwann bekomme ich noch einen neuen Spitznamen der mit #suchtdiespringgerte aufhört. Die suche ich nämlich wirklich ständig. Dieses kleine Ding kann man als Teilzeitdressurreiter doch aber auch wirklich mal übersehen, oder?

Die letzte Einheit ging noch einmal über Geländesprünge und auch ins Wasser. Ich war nach dem Vortag hocheuphorisch, Donna hatte aber wohl (völlig zu recht) mit etwas Muskelkater zu kämpfen. Leise versprach ich ihr leichte Arbeit in den nächsten Tagen ins Ponyohr (welches bei Vorneige meiner Person ja physisch schnell erreicht ist). So kassierten wir unseren ersten Steher mit mehr oder weniger großer Wohnungsnot für mich, als sie aus dem Stand absprang (wieder unsere Lieblingsbürste, der Stolz des letzten Tages). Auch ein Baumstamm mit Steinen darunter war plötzlich merkwürdig. Einmal aus dem Trab gesprungen, ging es dann aber auch wieder aus dem Galopp.

Vor dem Wasser lag auf einmal ein Baumstamm. Irgendwie muss Sturm in der Nacht gewesen sein – gestern lag der dort noch nicht :-) Vermutlich hatte Menschenhand mit schwerem Geschütz nachgeholfen? Über diesen Stamm schritten, trabten und galoppierten wir schließlich ins Wasser und verließen dieses wieder über die Stufe. Alle wilden Tiere, ob Steh- oder Hängemähne, machten den Job total gut.

Dickes Dankeschön an Annette Christ, die uns hochschwanger mehrere Tage mit riesiger fachlicher Übersicht, ganz viel Ruhe und Herausforderungen ohne Überforderung begleitete! Wir kommen wieder in die Büsche nach Sauzin! Das ist schon mal klar!

Unsere Rückfahrt zog sich leider durch den Himmelfahrts-Rückreiseverkehr etwas in die Länge. Die leicht geschwitzten Ponystuten hielten tapfer durch (Donna muss sich ihr Pausenversprechen gemerkt haben). Im Löwenberger Land fuhren wir an einer Vielseitigkeitsstrecke vorbei (gleich erkannt!), welche uns nach dem Wochenende wie ein Zwergenmuseum aus dem Erzgebirge vorkam. Aber dennoch: man benötigt ja Optionen für Zuhause, vielleicht buchen wir uns dort einmal ein!

Da es nach Rückkehr für die Menschen volle Kanne weiterging, ist heute zum Pfingstmontag erstmal Pause angesagt. Eigentlich wollten wir zum Badesee, aber draußen auf dem Berliner Asphalt schwimmt es auch schon. Mist. Vielleicht fahren wir ja doch … zum Ponystall. Ponyreitenrockt!

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